Urteil gegen Ex-Notar Marcel E. rechtskräftig!

Wie geht die strafrechtliche Aufarbeitung von Schrottimmobiliengeschäften weiter? - Müssen weitere „Mitternachtsnotare“ zittern?

 

Viele der Kunden des sog. „Mitternachtsnotars“ Marcel E. werden sich immer wieder gefragt haben, was denn aus dem Strafverfahren gegen ihn geworden ist. Warum dauert das so lange und ist der Ex-Notar nun rechtskräftig verurteilt worden? Welche Strafe hat er bekommen?

Diese Ungeduld kann man gut nachvollziehen, denn der Fall erscheint als unendliche Geschichte mit vielen Kapiteln. Erinnern wir uns kurz zurück.

Noch im Jahre 2011 war Marcel E. als „Kronzeuge“ gegen Justiz- und Verbraucherschutzsenator (Amtszeit vom 01. bis 12.12.2011) Michael B. aufgetreten, dem vorgeworfen wurde, in den Verkauf sog. Schrottimmobilien involviert gewesen zu sein. Im Zuge der Affäre bat KurzzeitsenatorB. um seine Entlassung. Verfahren der Staatsanwaltschaft wurden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Gleichwohl wurde die strafrechtliche Aufarbeitung von Schrottimmobilienverfahren vorangetrieben.

Bereits im Juli 2012 hatte man Marcel E. verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Ihm wurde die Unterstützung einer Bande von Immobilienbetrügern vorgeworfen, die geschäftlich unerfahrenen Personen überteuerte fremdgenutzte Immobilien als Steuersparmodell angeboten haben. Die Tatvorwürfe bezogen sich auf einen Zeitraum von September 2008 bis März 2010.

Der Strafprozess begann am 08.03.2011 vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin. Die Tatvorwürfe der Untreue und Beihilfe zum Betrug sollten dabei untersucht werden.

Nach einer Vielzahl von Verhandlungstagen, über die wir auch berichtet haben, wurde der ehemalige Notar Marcel E. mit Urteil vom 14.11.2013 (Az. 241 Js 987/12 KLs) wegen Untreue in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Angeklagte habe sein Amt als Notar missbraucht, um eine Bande von Immobilienbetrügern zu unterstützen, die Kaufverträge vermittelt haben, bei denen den Käufern falsche Angaben zu den zu erzielenden Renditen und den zu erwartenden finanzielle Belastungen gemacht wurden. Dabei wurden im Kaufpreis enthaltende Provisionen bis zu 35 % an die Vermittler verschwiegen.

Durch den Angeklagten wurden verbindliche Kaufangebote notariell beurkundet und dabei Gebühren in Rechnung gestellt. Über die Risiken wurden die Käufer unter Verstoß gegen die notariellen Berufspflichten nicht aufgeklärt. Dabei wurden auch Vermögensbetreuungspflichten gegenüber den Käufern verletzt. Mithin hat sich der Angeklagte auch wegen Untreue strafbar gemacht.

Die Staatsanwaltschaft hat eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren beantragt und die Verteidigung Freispruch gefordert.

Das Urteil des Landgerichts Berlin wurde durch Ex-Notar E. mit dem Rechtsmittel der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) angegriffen.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren in Bezug auf die Höhe der Strafe zu einer weiteren Überprüfung an eine Wirtschaftsstrafkammer des Berliner Landgerichts zurückverwiesen und eine weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) als unbegründet verworfen.

In seinem Beschluss vom 02.07.2014 (Az. 5 StR 182/14) hat der sich der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit der Causa Marcel E. beschäftigt. Insbesondere wurde noch einmal die Vermögensbetreuungspflicht des Notars erörtert, deren Verletzung zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) geführt hätte. Feinsinnig hat sich der Strafsenat auch mit der Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags beschäftigt und die Prüfungsreihenfolge des angefochtenen Urteils problematisiert. In der Gesamtschau kommt der Senat zu der Einsicht, dass gleichwohl ein Vermögensnachteil entstanden ist. „Etwaige Wertsteigerungen der Wohnungen nach dem hier durch die Abgabe des notariellen Kaufangebots bestimmten Zeitpunkt der Vermögensverfügung waren für die Frage des Eintritts eines Vermögensnachteils von vornherein unbeachtlich.“

Der neuen Strafkammer wurde vom Bundesgerichtshof aufgegeben, den zutreffenden Umfang des Vermögensnachteils im Sinne des § 266 StGB auf der Grundlage und in Ergänzung der den Schuldspruch tragenden rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu bestimmen.

Die Strafkammer des Landgerichts Berlin hat das Urteil gegen Ex-Notar Marcel E. unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesgerichtshofes überprüft und schlussendlich dennoch eine mehrjährige Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen. Mittlerweile ist das Urteil rechtskräftig.

 

Wie geht es mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Schrottimmobiliengeschäfte weiter?

Viele Beobachter werden sich noch an die Berichterstattung zu dem Schrottimmobilienprozess gegen Kai-Uwe K. erinnern, in dem vom Gericht, das Mitwirken einiger beteiligter Notare kritisiert wurde. Interessant war dabei auch die Einschätzung des damaligen Richters, dass ohne die fragwürdige Mithilfe von Banken und Notaren so ein betrügerisches Vorgehen gar nicht möglich gewesen wäre.

Im Übrigen sehen sich die, vom Richter so heftig kritisierten, Notare auch zunehmend mit Schadensersatzklagen von geschädigten Käufern von Schrottimmobilien konfrontiert. Häufig ist dies eine Option, wenn anderweitige Haftungsadressaten, z. B. nach der Flucht in die Insolvenz, nicht mehr greifbar sind. Die zuständigen Haftpflichtversicherungen der Notare sind darüber sicher nichtglücklich.

Die Immobilienbetrügerbande von Kai-Uwe K. wurde zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach wie vor läuft vor dem Kriminalgericht Moabit ein weiterer Schrottimmobilienprozess. Auch hier wurden bereits diverse Verhandlungstage absolviert, um die Tatvorwürfe aufzuklären. Diverse Zeugen wurden dabei im Rahmen der Beweisaufnahme gehört. Das Verfahren gegen Notar Manfred O. wurde abgetrennt.

Man kann gespannt sein, welche Zeugen noch geladen werden und ob auch Ex-Notar E. dabei sein wird.

Es ist zu hoffen, dass sich die Ermittlungsbehörden und die Justiz weiter dieser herausfordernden Aufgabe stellen und hoffentlich den Schrottimmobiliensumpf endlich trockenlegen werden. Viele Kleinanleger, die sich schon jetzt Sorgen um ihre Altersvorsorge machen, werden es ihnen danken.

 

Wir werden die Angelegenheit im Auge behalten und weiter berichten.