Grüezi-Schrottimmobilien-Prozess 24. Verhandlungstag

15.09.2015

Grüezi-Schrottimmobilien-Prozess (24. Verhandlungstag)! – Beweisprogramm wird abgearbeitet!

Auch an Verhandlungstag 24 waren alle Verfahrensbeteiligten wieder pünktlich im Schwurgerichtssaal 700 des Kriminalgerichts Moabit erschienen.

Nach der Abhandlung von kurzen Formalien wurde die Beweisaufnahme weitergeführt.

Die erste Zeugin war nur einen Monat im Vertrieb tätig und hatte nur noch geringe Erinnerungen an ihre Tätigkeit. Allerdings erinnerte sie sich noch, dass sie in der Terminierung tätig war. Auch hier spielten wieder die allbekannten Preisausschreiben bzw. Gewinnspiele eine wichtige Rolle. In den Erstgesprächen sollte Hinweise auf einen eventuellen Immobilienerwerb vermieden werden.

Die nächste Zeugin war u.a. mit Vorbereitung von Darlehensverträgen betraut. Da in diesem Wirtschaftsstrafverfahren auch immer wieder der Vorwurf des Krediterlangungsbetruges bzw. Kreditbetruges thematisiert wird, wurde die Zeugin umfassend belehrt und auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen. Die Zeugin nahm dieses Recht in Anspruch und wurde daraufhin vom Gericht wieder entlassen.

Kreditbetrug ist ein Straftatbestand, der in § 265b des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist.

§ 265b Kreditbetrug

(1) Wer einem Betrieb oder Unternehmen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredits für einen Betrieb oder ein Unternehmen oder einen vorgetäuschten Betrieb oder ein vorgetäuschtes Unternehmen

1.

über wirtschaftliche Verhältnisse

a)

unrichtige oder unvollständige Unterlagen, namentlich Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Vermögensübersichten oder Gutachten vorlegt oder

b)

schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

die für den Kreditnehmer vorteilhaft und für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind, oder

2.

solche Verschlechterungen der in den Unterlagen oder Angaben dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Vorlage nicht mitteilt, die für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Kreditgeber auf Grund der Tat die beantragte Leistung erbringt. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern.

(3) Im Sinne des Absatzes 1 sind

1.

Betriebe und Unternehmen unabhängig von ihrem Gegenstand solche, die nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern;

2.

Kredite Gelddarlehen aller Art, Akzeptkredite, der entgeltliche Erwerb und die Stundung von Geldforderungen, die Diskontierung von Wechseln und Schecks und die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen.

§ 265b StGB ist als betrugsähnlicher Tatbestand ausgestaltet. Er schützt das Rechtsgut des Vermögens. Mithin macht sich derjenige strafbar, der für einen wirtschaftlichen Betrieb bei einem Geldinstitut einen Kredit beantragt und dabei den Kreditgeber über erhebliche wirtschaftliche Verhältnisse des eigenen Betriebes täuscht. Demzufolge kommen als potentielle Kreditnehmer nur Betriebe und Unternehmen in Frage. Privatpersonen als Kreditnehmer werden von dieser Strafrechtsnorm nicht erfasst. Dabei handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt im Vorfeld des Betruges. Der Eintritt eines Vermögensschadens oder eine konkrete Vermögensgefährdung wird nicht vorausgesetzt. Im Falle der tatsächlichen Kreditgewährung und dem Eintritt eines Vermögensschadens geht der verwirklichte Betrug, § 263 StGB, der Strafrechtsnorm des § 265b StGB vor.

Auch hier steht die Strafkammer wieder vor einer interessanten Aufgabe, denn der Sinn der Regelung des § 265b StGB ist es, einerseits bestimmte Verhaltensweisen im wirtschaftlichen Verkehr bereits im Vorfeld zu kriminalisieren. Anderseits sollen aber auch Beweisschwierigkeiten überwunden werden, denn oft entstehen hier Schäden, die sich im Einzelnen nur schwer nachweisen lassen.

Ebenso erinnert sich der ein oder andere Prozessbeobachter gern daran, wie feinsinnig von den Verteidigern, insbesondere über die Umschuldung von Konsumentenkrediten zu den Immobilienkrediten bei den Immobilienerwerbern philosophiert wurde und welchen Folgen dies hatte.

Im Übrigen soll ohnehin ein Gutachter bestellt werden, der sich mit Fragen der Schadensberechnung auseinandersetzen soll. Hier werden sicher schon das Gutachtenthema und die Gutachterauswahl zum Feld der Auseinandersetzung zwischen den Verfahrensbeteiligten.

Auch bei einem weiteren Zeugen spielte das Zeugnisverweigerungsrecht wieder eine bedeutsame Rolle. Er soll auch Verkaufsgespräche im Vertriebsbüro geführt haben. Aus diesem Grunde bestünde die Gefahr, dass er sich selber belasten könne. Damit hat er ein Zeugnisverweigerungsrecht und wurde vom Gericht entlassen.

Letzter Zeuge des Tages war ein Ex-Mitarbeiter, der im Jahre 2011 im Vertrieb gearbeitet hat. Auch er erhielt alle Weisungen von dem Angeklagten Marian B. Er war im Außendienst tätig, führte Telefonate und vereinbarte Besuchstermine im Büro. Hier sollte er streng nach dem Leitfaden vorgehen, den er von Marian B. erhalten hatte. Die Angeklagte Katja R. war nach Aussagen des Zeugen für die Buchhaltung zuständig. Provisionen sollten ausgezahlt werden, wenn die Immobilienkaufverträge beurkundet worden sind. Nach diesen Aussagen wurde der Zeuge entlassen.

Die Sitzung wird am 09.09.2015 um 9:15 Uhr im Saal 700 fortgesetzt und wir werden weiter berichten.