Grüezi-Schrottimmobilien-Prozess, 18. Verhandlungstag
Stand: 06.08.2015
Grüezi-Schrottimmobilien-Prozess (18. Verhandlungstag)! – Zeuge eins: Fragwürdig! Zeuge zwei: Säumig! Zeuge drei: Nicht aussagebereit! – Eine ganz normale Beweisaufnahme!
Verhandlungstag 18 stand auf dem Tagesplan der 26. Großen Strafkammer am 27.07.2015. Wie immer prüfte der Vorsitzende die Präsenz der Verfahrensbeteiligten im Saal 700 und begann dann mit der Fortsetzung der Beweisaufnahme.
Zum Auftakt wurde ein ehemaliger Vermittler der Firma correcta pro als Zeuge befragt. Zu Beginn wollte der Zeuge auf einen vermeintlichen Skandal hinweisen. Er behauptete, schon im Jahre 2008 Marian B. wegen eines angeblichen Anlagebetruges angezeigt zu haben und angeblich wäre nichts passiert. Schnell wurde er berechtigterweise vom Vorsitzenden noch einmal auf seine Zeugenpflichten verwiesen und aufgefordert, sachlich und wahrheitsgemäß zu berichten bzw. auf die Fragen des Gerichts zu antworten.
Der Zeuge berichtete, dass er sich auf eine Stellenanzeige hin, bei der Firma beworben und auch gleich eine Anstellung erhalten habe. Über mehrere Wochen habe er ohne Arbeitsvertrag potentielle Kunden unter dem Vorwand Steuersparmöglichkeiten anzubieten, angerufen. Er habe versucht Termine zu vereinbaren und sei auch zu den Kunden nach Hause gefahren, um ihre finanziellen Verhältnisse zu dokumentieren. Von den später offerierten Immobilien war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede.
Nach Aussagen des Zeugen war Marian B. der Boss und sein Wort Gesetz. Mit Katja R. hatte er nur wenig zu tun, allerdings wurde ihm bei einer Gelegenheit ein Zeitungsartikel über Roman D. und Johannes R. von der Grüezi AG gezeigt und auf ihre Verdienste als aufstrebende Unternehmer hingewiesen. Später wurden auch noch Schulungsveranstaltungen bei Grüezi und Swisskontor am Kurfürstendamm durchgeführt.
Der Vermittler hatte bei der Firma correcta pro nur ein kurzes Gastspiel, da er fristlos gekündigt wurde und keinerlei Vergütung für seine sechs Wochen Arbeit erhielt. Ihm wurde vorgeworfen, einen potentiellen Kunden erfunden zu haben, um noch sein Fixum zu kassieren. Er behauptete, dass in der Firma immer gelogen wurde und er sich nur angepasst habe.
Bei der detaillierten Befragung durch den Vorsitzenden und die Verteidiger verwickelte sich der Zeuge in erhebliche Widersprüche und ließ in Sachen Chronologie und Faktenkenntnis erhebliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen. So konnte er sich nicht erinnern, wen er wann kennengelernt und wie oft er Kontakt hatte. Noch Jahre später betätigte er sich als angeblicher Polizeibeamter bzw. Detektiv, um aktuellen Aktivitäten von Marian B. nachzuspüren. Schon sehr ungewöhnlich für jemanden, der nur ca. sechs Wochen in einer Firma gearbeitet hat.
Die Aussagen des Zeugen waren von einem spürbaren Belastungseifer geprägt und in der Gesamtschau eher unglaubwürdig und dubios.
Gericht und Verteidiger haben durch ihre geschickte Befragung, die Widersprüche aufgedeckt und sicher zur Wahrheitsfindung beigetragen und die Rechte der Angeklagten gewahrt. Der Zeuge blieb unvereidigt und wurde entlassen.
Der nächste geladene Zeuge fehlte unentschuldigt und erhielt auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Ordnungsgeld von 250 Euro, ersatzweise fünf Tage Haft. Die anfallenden Kosten seiner Säumnis wurden ihm auferlegt.
Der letzte Zeuge des Tages war auch als Vermittler tätig und wurde so ausführlich belehrt, dass er über seine eventuellen Zeugenpflichten hinaus, auch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 55 StPO haben könnte. Er müsste nicht aussagen, wenn er sich selber belasten würde. Die Belehrungen durch den Vorsitzenden sind immer sehr gründlich, da auch insoweit eine Fürsorgepflicht des Staates besteht, dass sich niemand selbst belasten muss. Ebenso wurde auch angeboten, einen Zeugenbeistand zu organisieren, der den Zeugen über seine Rechte beraten könnte. Der Zeuge entschied sich schlussendlich, sein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch zu nehmen und wurde vorerst entlassen.
Die Staatsanwaltschaft stellte in Bezug auf den Krediterlangungsbetrug den Antrag, nach§ 154 a StPO zu verfahren.
Zum Abschluss des Verhandlungstages gab der Verteidiger von Roman D. noch eine Erklärung zu den früheren Einlassungen von Katja R. ab. Er verwies darauf, dass die vorgelegten Spesenquittungen nicht den Vorwurf der Bandenbildung belegen können, da diese von Katja R. gesammelt wurden und in einem Akt der kreativen Buchführung später mit Namen und Anlässen ausgefüllt wurden. Bei den Umschuldungen der bestehenden Konsumentenkredite der Immobilienerwerber in Hypothekenkredite hätte sich der Zinssatz meist verringert, insoweit seien die Käufer nicht geschädigt. Und wiederum wurde darauf hingewiesen, dass eine Teileinstellung nach § 154 a StPO nur im Falle einer Verurteilung möglich wäre.
Die Sitzung wird am 31.07.2015 um 9:15 Uhr im Saal 700 fortgesetzt und wir werden weiter berichten.