Schrottimmobilien

Altersarmut statt Altersvorsorge
 

Brigitte S. war schlicht entsetzt, als sie zusammen mit Mann und Kind vor ihrer Eigentumswohnung in der Klingenstrasse 3 in Leipzig stand. So sah man es im RTL Morgenmagazin am 25.2.2008. Der ganze Wohnblock unbewohnt, die Fenster mit Brettern vernagelt. Zutritt verboten.

Dabei hatte alles so viel versprechend begonnen. Ob sie Steuern sparen wollten, fragte die freundliche Anruferin von Meinungsforschungsinstitut. Wer will das nicht? Schnell wurde dann ein Termin vereinbart. Ein Vermögenscheck sollte gemacht werden, ob sie überhaupt in den Kreis der Begünstigten aufgenommen werden könnte.

 
Fast ein wenig stolz war sie, als die Zusage kam, dass auch sie dazu gehören könne. Um in den vollen Genuss des Steuersparprogramms zu kommen, müsse sie eine denkmalgeschützte Immobilie in Leipzig erwerben. Dazu brauche sie kein Geld, das werde man ihr beschaffen. Trotz der Fremdfinanzierung rechne sich das Ganze durch die steuerlichen Vergünstigungen und die Mieteinnahmen fast von alleine. Später, spätestens nach zehn Jahren, werde man die Wohnung mit Gewinn wieder verkaufen können.


Dann ging alles ganz schnell und einfach. Der Notartermin ohne Warten. Die reibungslose Finanzierung. So viel einfacher als die frühere nervenaufreibende Finanzierung ihres Eigenheimes. Alles klappte wie am Schnürchen.


Und dann das böse Erwachen. Echter Hausschwamm, so lautete die Diagnose des Sachverständigen, überall im Gebäude. Das hoch gepriesene Objekt mit seinem "aktuellen Wohnkomfort hinter einer historischen Fassade" in der Klingenstrasse ist vom Hausschwamm befallen.

 

Die Kosten der Sanierung sind astronomisch. "Bis zu einer Million könnte so etwas kosten," schätzt Jürgen Blache, Bausachverständiger und Vorstand der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger aus Berlin.

 
Keiner kann dieses Geld aufbringen, auch alle Eigentümer zusammen nicht. Einige Eigentümer klagen gegen den Verkäufer. Der streitet ab, von dem Hausschwamm gewusst zu haben. Er verlangt sogar noch auf Bezahlung des restlichen Kaufpreises, empört sich Brigitte S. zurecht.


Die Klingenstrasse 3 ist eine Schrottimmobilie, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Opfer sind Normalverdiener, die doch nur etwas für ihre Altersvorsorge tun wollten. Jetzt droht ihnen Altersarmut.