Geschlossene Immobilienfonds zur Altersvorsorge geeignet?
Viele Anleger sind überredet worden, sich an einem geschlossenen Immobilienfonds zu beteiligen. Regelmäßig war das Motiv, sich aus ersparten Steuern eine sichere Altersvorsorge aufzubauen. Ob dieses realistisch ist, soll in diesem Artikel untersucht werden.
Unterschiedliche Rechtsformen
Die geschlossenen Immobilienfonds des Grauen Kapitalmarktes treten in verschiedenen Rechtsformen auf. Teilweise sind sie als Kommanditgesellschaft ausgestaltet, an denen sich der Anleger als Kommanditist beteiligt. Wohl die häufigste Variante ist die Beteiligung als stiller Gesellschafter. Der stille Gesellschafter bringt dabei seine Einlage in die Fondsgesellschaft ein. Ansonsten hat er "still" zu sein. Häufig sind auch Immobilienfonds in der Variante einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu finden, wobei der Anleger Gesellschafter dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird. Hier gibt es eine besondere Haftungsproblematik. Grundsätzlich haftet der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbeschränkt mit seinem gesamten persönlichen Vermögen. Die Beschränkung der Haftung auf die Anlage ist theoretisch zwar möglich, wird in der Praxis allerdings selten wirksam sein.
Ratenzahlung oder Kredit
Unterschiedlich ist auch, wie die Einlage erbracht wird. Aus der Sicht der Fondsgesellschaft ist es natürlich am besten, wenn das gesamte Zeichnungskapital sofort zur Verfügung steht. Deswegen ist der Fondsinitiator bestrebt, eine Bank zu finden, die ihm die Anleger finanziert. Der Fondsinitiator hat das Geld dann auf einmal und kann die sofort anfallenden Kosten für Verwaltung und Vertrieb abdecken. Als finanzierende Banken sind häufig die Gallinat Bank aus Essen sowie die BHW Bank aus Hameln anzutreffen. Aber auch zahlreiche Raiffeisen- und Volksbanken haben sich in den vergangenen Jahren auf diesem Markt getummelt. Viele Kreditengagements sind notleidend geworden und an die "Ausputzerbank" der Raiffeisen- und Volksbanken, die Bank Aktiengesellschaft (BAG) aus Hamm abgetreten worden.
Die Initiatoren, die keine derartigen Bankverbindungen haben, sind auf Rateneinzahlungskonzepte angewiesen. Das heißt, der Anleger zahlt über einen Zeitraum von 10 bis 25 Jahren in Raten seine gezeichnete Anlagesumme ein. Wichtig ist es dabei für den Fondsinitiator, dass er neben den Ratenzahlungen auch Einmaleinzahlungen erhält. Der vom Initiator eingeschaltete Vertrieb will nämlich die Vertriebsprovision gleich und nicht über den langen Einzahlungszeitraum des Anlegers haben.
Kündigung von Lebens- und Rentenversicherungen
Regelmäßig gehen rund 20 % des Fondsvolumens an den Vertrieb. Deswegen ist es für den Vertriebsmitarbeiter vor Ort so wichtig, seinen potentiellen Kunden zur Aufkündigung von bestehenden Lebensversicherungen und anderen schnell zu Geld machenden Finanzanlagen zu überreden. Ohne dieses Sofortbargeld kann der Vertrieb nicht bezahlt werden und damit kommt der Fonds nicht ins Laufen. So wird es dem Interessenten natürlich nicht erklärt. Ihm wird vielmehr erzählt, dass Lebensversicherungen und Rentenversicherungen nichts bringen. Viel besser sei das Angebot des betreffenden Immobilienfonds.
Wir halten diese Überredung zur Kündigung sicherer Verträge, die ja automatisch mit erheblichen Verlusten verbunden sind, für eine besonders hinterhältige Ausnutzung der Unkenntnis der Anleger.
Kostenstruktur von Immobilienfonds
Damit wären wir schon bei der Kostenstruktur der Fonds. Liest man in Prospekten nach, stellt sich heraus, dass 40%, manchmal sogar 50% der dort ausgewiesenen Gesamtkosten für völlig überflüssige Dienstleistungen ausgegeben werden. Dazu gehören Kreditvermittlungskosten, Mietgarantiekosten, Vermittlungsgebühren, Zinsgarantiekosten und viele andere unsinnige Dinge mehr. Sollte ein Anleger tatsächlich fragen, wozu solche Kosten anfallen, wird er beschwichtigt mit der Aussage, das bekäme man doch alles vom Finanzamt wieder. Diese Aussage ist nur teilweise richtig. Aber selbst wenn sie wahr wäre, müsste sich jeder Anleger fragen, ob er denn mit diesen Nonsenskosten das Luxusleben von Fondsinitiatoren und Vertrieben bezahlen will. Das dient sicherlich nicht seiner eigenen Altersvorsorge.
Wenn man sich dann anschaut, wie viel Geld tatsächlich in Immobilien investiert wird, bleiben Zweifel an der Werthaltigkeit. "Schaut man sich den Baukorpus an, der von dem im Prospekt ausgewiesenen Geldbetrag errichtet worden ist, kommen einem erhebliche Zweifel, wo dieses Geld verbaut worden sein soll", meint Bauingenieur Jürgen Blache, Vorstand der Schutzgemeinschaft. "Auch hier werden die Baukosten oft hochgetrieben, um steuerlichen Abschreibungsbedarf darzustellen."
Steuerliche Risiken
Manchen Fonds droht ohnehin der finanzielle Supergau. Immer mehr Finanzämter streichen die bereits vorläufig gewährten Steuervorteile aufgrund von § 2 b, bzw. § 15 b Einkommenssteuergesetz. Auf viele Anleger wird also noch eine deftige Steuernachzahlung zukommen, wenn ihnen die vorläufig anerkannten Steuervorteile wieder aberkannt werden.
Risikohinweise im Prospekt
Dass die ganze Konstruktion, aber auch die wirtschaftliche Ertragskraft höchst zweifelhaft ist, wird sogar in den meisten Prospekten mehr oder weniger offen klargestellt. In den Risikohinweisen ist regelmäßig vom möglichen Totalverlust die Rede. Wer also den Prospekt vor Unterzeichnung des Beitrittsformulars sorgfältig studiert hat, weiß, dass das eingesetzte Geld höchst gefährdet ist. "Bei manchem Fonds stellen wir sogar fest, dass das Risiko gar kein Risiko ist, weil der Totalverlust praktisch schon geplant ist. Also kein Risiko des Totalverlustes, sondern die Gewissheit des Totalverlustes," so Vorstand Jürgen Blache.
Risiken werden verschwiegen
Auf Risiken wird im Beratungsgespräch durch den Vertriebsmitarbeiter meist nicht hingewiesen. Wohl kaum jemand würde seine sichere Lebensversicherung zugunsten einer höchst risikoreichen Fondsbeteiligung aufgeben. Das weiß auch der Vertriebsmitarbeiter und deshalb wird der Prospekt später übergeben oder die Risikohinweise mit der Bemerkung übergangen, dies sei gesetzlich vorgeschrieben und sei so etwas wie der Beipackzettel bei Medikamenten. Selbstverständlich sei die Anlage sicher, sonst würde das Finanzamt sie ja nicht anerkennen, die Bank sie nicht finanzieren bzw. hätte das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaFin) den Prospekt gar nicht zugelassen. Alle vorhergenannten Argumente sind falsch! Weder die Banken, noch das Finanzamt prüfen die Wirtschaftlichkeit des Konzeptes. Die BaFin prüft lediglich, ob die formellen Voraussetzungen für die Prospektherausgabe eingehalten sind. Das Risiko trägt allein der Anleger.
Nur weil die Vertriebsmitarbeiter eine nicht vorhandene Sicherheit vorgaukeln, haben sich einige hunderttausend Menschen an derartigen risikoreichen Immobilienfonds beteiligt. Viele laufen Gefahr, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen.
Kündigung der Beteiligung
Die Kündigung der Beteiligung ist grundsätzlich nicht vor Ablauf der vereinbarten
Vertragsdauer von 10 bis 15 oder sogar 20 Jahren möglich. Wenn dann gekündigt wird, sind die Anleger meist bitter enttäuscht. Sie haben ja ursprünglich die Beteiligung gezeichnet, damit sie später mit einem großen Gewinn, meistens ist vom doppelten oder dreifachen Betrag der gezeichneten Summe die Rede, wieder aussteigen können.
Beteiligung an Verlusten
Mit der Kündigung ihres Anteils erhalten sie die Abrechnung auf einen Bilanzstichtag. Die Anleger sind an den Gewinnen und an den Verlusten beteiligt. Das es meistens nur Verluste gab, sind die eingezahlten Gelder größtenteils verloren.
Obwohl viele Anleger die Jahresabschlüsse mehr oder weniger regelmäßig erhalten haben, sind sie meist nicht in der Lage, aus dem Zahlenwerk zu erkennen, dass ihr Geld langsam aber sicher durch Verluste aufgefressen wurde. Oft lassen sie sich durch die laufenden Ausschüttungen täuschen. Sie missverstehen diese Ausschüttungen als Gewinne. Verluste und Gewinne schließen sich aber gegenseitig aus. Die Ausschüttungen stellen lediglich Rückzahlungen der Einlagen dar. Das heißt, die Anleger bekommen ihr eigenes Geld zurückbezahlt.
Risiken in der Insolvenz
Die mögliche Insolvenz des Fonds kommt die Anleger teuer zu stehen. Ihr eingezahltes Geld ist regelmäßig verloren. Laufende Kredite müssen trotzdem weiter bezahlt werden. Ausschüttungen, die nicht aus Gewinnen gespeist wurden, wird der Insolvenzverwalter zurückverlangen. Höchst gefährdet sind auch all diejenigen, die Ratenzahlungsverträge abgeschlossen haben und noch nicht vollständig eingezahlt haben. Hier besteht nach dem Gesetzt die Verpflichtung, für die Verluste der Gesellschaft bis zur Höhe der Einlage aufzukommen. Noch schlimmer kann es im Falle der Insolvenz denjenigen ergehen, die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden sind. Ihnen droht die persönliche Haftung mit allem was sie haben für die Schulden der Gesellschaft.
Ausnahmen bestätigen die Regel - hoffentlich!
Es mag durchaus geschlossene Immobilienfonds geben, die gut laufen und gut funktionieren. Aus der Natur der Sache ergibt sich, dass die Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger nur diejenigen auf den Tisch bekommt, die gescheitert, bzw. vom Scheitern bedroht sind. "Wir wollen also nicht alle geschlossenen Immobilienfonds über einen Kamm scheren. Wir geben in diesem Artikel wieder, was wir in unserer täglichen Betreuungsarbeit erleben," meint Vorstandsmitglied Jürgen Blache, "Es gibt viele Möglichkeiten gegen die schwarzen Schafe rechtlich vorzugehen und den Schaden ersetzt zu erhalten."