Denkmalgeschützte Immobilien

Als Altersvorsorge?
Verkauf nach zehn Jahren, geht das?


Das Geschäft mit der Angst

"Man hat uns bei unseren Ängsten gepackt und mit falschen Versprechungen gelockt", davon ist Marion Schumann, stolze Eigentümerin einer Eigentumswohnung in einem denkmalgeschützten Wohnblock in Leipzig, überzeugt. Immobilien sind sicher und steigen immer im Wert. Grundbuch statt Sparbuch. Der Staat fördert die durch Immobilien abgesicherte Altersvorsorge durch Steuerersparnisse. Das waren die Schlagworte, die Marion Schumann noch heute in Erinnerung hat. Nach Ablauf der Spekulationsfrist könne man die Wohnung zum doppelten Preis verkaufen. Mit dem Erlös werde man den Kredit ablösen und den Rest habe man als steuerfreien Gewinn. "Sie müssen aber nicht verkaufen, dann haben Sie die Mieteinnahme wie eine zweite Rente", so war es Marion Schumann von dem Anlageberater alternativ erklärt worden.

Geschäft ohne Risiko

Marion Schumann ist auf die typischen Versprechungen reingefallen und hat eine Eigentumswohnung erworben. Die ursprünglich versprochenen Zuzahlungen von knapp € 100,00 haben sich als viel zu gering erwiesen. Tatsächlich fließen hier unter Berücksichtigung ihrer Steuerrückerstattungen und der Mieteinnahmen rund " 250,00 ab. Nun hofft sie darauf, dass die 10 Jahre Spekulationsfrist schnell vorüber gehen und sie sich dann endlich von der Immobilie trennen kann. Skeptisch geworden, wagt sie schon gar nicht mehr, von einer Verdopplung des Kaufpreises zu träumen. "Zufrieden wäre ich schon, wenn ich nur ohne Verlust aus diesem Debakel wieder raus käme", hofft Marion Schumann.

Steuern sparen ist kein Selbstzweck

So wie Marion Schumann geht es einigen hunderttausenden anderen Deutschen, die sich in steuerbegünstigte Immobilienanlagen eingekauft haben. Nur bei den Wenigsten läuft alles glatt und wie versprochen. Wie realistisch sind die Aussichten auf den Verkauf der Wohnung nach 10 Jahren? Es ist die Grundlage des Geschäftes. Steuern sparen alleine ist ja kein Selbstzweck. Zwar wird mit Steuernsparen gelockt, aber letztendlich lautet die Aussage, dass man ohne Eigenkapital erwerben könne, dass trotz der Fremdfinanzierung sich der Erwerb durch die steuerlichen Vergünstigungen und die Mieteinnahmen praktisch von allein tragen würde, lediglich eine kleine Zuzahlung sei zu erwarten, meistens werden Beträge um die € 100,00 genannt. Das bedeutet, dass man trotz des Steuernsparens zunächst nicht mehr in der Tasche hat, sondern das pro Jahr € 1.200,00 oder in 10 Jahren € 12.000,00 weniger liquide Barmittel zur Verfügung stehen. "Das Steuernsparen wird teuer erkauft", meint der renommierte Berliner Anlegerschutzanwalt Jochen Resch. Ein "Sparen" wird versprochen, eine höhere monatliche Belastung kommt dabei raus. Irgendwie absurd, wenn nicht am Ende der dicke Gewinn kommt.

In der Tat ist stillschweigende Geschäftsgrundlage, dass das Geschäft sich am Ende lohnt, sonst wäre es ein Nonsensgeschäft. Nach 10 Jahren Zuzahlung muss bedeutend mehr als nur der ursprünglich gezahlte Kaufpreis erreicht werden, es müssen nicht nur die über 10 Jahre laufenden Zuzahlungen abgedeckt sein, sonst wäre jedes Sparbuch deutlich besser als das Grundbuch.

Verkauf nach 10 Jahren - geht das?


Wie stehen die Chancen, dass der Kauf der denkmalgeschützten Eigentumswohnung für Marion Schumann noch glimpflich ausgeht und sie die Wohnung unter dem Strich mit einem kleinen bescheidenen Gewinn verkaufen kann? Es ist gewiss schwierig, in die Zukunft zu schauen. Wer besitzt schon prophetische Gaben? "Aber alle Erfahrungen und Indizien, die uns zur Verfügung stehen, sprechen dagegen", meint Jürgen Blache, Vorstand der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger.

In Ostdeutschland hat sich nie ein richtiger Immobilienmarkt herausgebildet. In den großen Städten, insbesondere in Leipzig, ist der Markt seit der Wende ganz überwiegend von Bauträgern beherrscht. "Fast 90%, der Altbausubstanz sind von Bauträger aufgekauft, in Wohnungseigentum umgewandelt und dann saniert worden", schätzt Jürgen Blache.

Wie kalkulieren die Bauträger?

Es gibt einen Sondermarkt, der nicht vergleichbar ist mit einer vergleichbaren Stadt in den alten Bundesländern, in denen der Wiederaufbau der Städte nach dem Krieg unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen erfolgte. Auf die reichlich vorhandene Altbausubstanz (insbesondere in Leipzig oder Chemnitz) haben sich die Bauträger gestürzt und ihr eigenes Kalkulationsmodell entwickelt. Rund 1/3 des späteren Verkaufspreises sind für den Erwerb des baufälligen Gebäudes und die Gewinnmarge kalkuliert. Für ein weiteres Drittel wird gebaut und das letzte Drittel ist für an den Vertrieb zu zahlende Provisionen und die weiteren Nebenkosten zu kalkulieren. Das mag eine Grobkalkulation sein und es mag von Objekt zu Objekt zu anderen Aufteilungen der Kostenpositionen kommen. Im Prinzip kochen aber alle Bauträger mit dem gleichen Wasser.

Welche Wertermittlung gilt?


Das hat auch zur Konsequenz, dass alle Wohnungen gleich teuer angeboten werden. Betrachtet man also die Preise nach der Vergleichswertmethode, wird jeder Erstkäufer feststellen, dass er für seine Wohnung den üblichen Preis bezahlt hat. Der Haken aber ist, dass nur das eine Bauträgermodell mit dem anderen Bauträgermodell verglichen wird, aber alle Modelle auf der gleichen Kalkulationsgrundlage beruhen. Auch die Banken kennen die Kalkulationsgrundlagen der Bauträger, berufen sich aber bei der Ermittlung des Verkehrswertes auf die Vergleichswertmethode. Damit begründen die Banken, dass sie den üblichen Kaufpreis finanzieren.

Lohnt sich der Kauf für den Zweitkäufer?

Auf diesem Bauträger beherrschten Sondermarkt finden so gut wie keine Verkäufe des privaten Wohnungseigentümers XY an den privaten Interessenten, nennen wir ihn Zweitkäufer, statt. Wenn unser potentieller Zweitkäufer Mieter der Wohnung ist, könnte er sich überlegen, was sich für ihn besser rechnet: Weiter Miete bezahlen oder die Wohnung kaufen. Für diese Überlegung ist entscheidend, wie hoch der Kaufpreis ist, zu dem er die Wohnung erwirbt. Laut Mietspiegel zahlt er in Leipzig in einfacher Lage für seine 50 qm Wohnung eine Kaltmiete von € 210,00 beziehungsweise € 2.520,00 im Jahr. Wenn er bereit ist, diesen Betrag nicht mehr als Miete, sondern für ein Darlehen zu bezahlen, entspricht das bei einem Zinssatz von 5 % effektiv plus 1 % Tilgung einem Kaufpreis von rund € 42.000,00. Es sei hier keine präzise Berechnung gemacht, aber wenn der Mieter nicht deutlich höhere monatliche Belastungen tragen will, wird für ihn ein Kaufpreis über € 45.000,00 unrealistisch sein.

Nun werden aber nicht alle Verkaufswilligen erwarten, dass gerade ihr Mieter Interesse am Kauf der Wohnung zeigt. Sie sind darauf angewiesen, einen Kapitalanleger zu finden, der genau wie sie davon ausgeht, ein gutes Geschäft machen zu wollen. Anders als der Bauträger kann Marion Schumann sich keinen hochprofessionellen Vertrieb leisten. Sie ist auf Zeitungsanzeigen angewiesen oder kann einen Makler einschalten. Marion Schumann muss also einen Interessenten suchen. Gehen wir einmal davon aus, dass dieser mit dem spitzen Bleistift rechnet und erwartet, dass der Erwerb dieser Wohnung ihm sicher und nachhaltig mehr bringen muss, als wenn er sein Geld bei der Bank anlegt.

Nur die Ertragswertmethode ist für den Kapitalanleger richtig

Er wird nach der Ertragswertmethode kalkulieren, wie sie für die Anleger grundsätzlich maßgeblich ist. Der Ertrag einer Immobilie ist die Mieteinnahme. Vereinfacht gesagt, berechnet sich der Ertragswert nach der Nettomieteinnahme eines Jahres multipliziert mit dem Faktor X, meistens die 10 bis 13fache Jahresmiete. Im Prinzip kommt er auf ähnliche Ergebnisse, wie der am Kauf interessierte Mieter. Er wird jedoch noch ein paar Abschläge machen, denn der nachhaltige Mietertrag ist entscheidend, so dass er ein Mietausfallrisiko mit einkalkulieren muss und letztlich braucht er noch eine bessere Verzinsung als bei der Bank. Sonst macht das Geschäft für ihn keinen Sinn. Das bedeutet, dass er bei 10 bis 13facher Jahresmiete zwischen € 30.000,00 und € 35.000,00 anbieten wird.

Zweitverkauf in der Praxis

Decken sich diese theoretischen Überlegungen mit den Ergebnissen aus der Praxis? Wir haben dazu einen auf den Zweitverkauf spezialisierten Aachener Immobilienmakler befragt, der uns in unserer Einschätzung bestätigt. Dieser sagte uns: "Wenn wir für den Erstkäufer einer steuerbegünstigten Leipziger Wohnung verkaufen sollen, dann erzielen wir lediglich 30% bis 40% des Kaufpreises, den der Erstkäufer selbst bezahlt hat". Das größte Problem in den Fällen ist allerdings die finanzierende Bank. Die will das Grundstück nur freigeben, wenn ihr Kreditnehmer den Kredit vollständig ablöst.

In der Falle

Aber welcher über 10 Jahre gebeutelte Anleger hat noch finanzielle Reserven, um € 40.000,00 € 50.000,00 oder € 60.000,00 auf den Tresen der Bank zu legen? In der Konsequenz bedeutet das, dass die Wohnung praktisch nicht verkauft werden kann. Der Anleger sitzt in der Falle. Er wird auf die normale Laufzeit von rund 25 Jahren den Kredit zurückbezahlen müssen.

Dramatisch steigende Belastungen

Ab dem 10. Jahr fallen die Abschreibungen weg und allein deshalb werden seine jährlichen Belastungen € 2.000,00 bis € 3.000,00 höher. Wenn sich dann noch die Zinsen um 1% bis 2 % erhöhen, können die jährlichen Belastungen um € 3.000,00 bis € 6.000,00 steigen. Für viele Anleger ist das der finanzielle Ruin.

Wie werden sich die Immobilienpreise entwickeln?

Man hört doch, dass die Mietpreise steigen werden. SGK Vorstand Jürgen Blache meint dazu: " Das mag auf bestimmten Teilmärkten so sein. Für die großen denkmalgeschützten Gebiete in Leipzig und Chemnitz dürfte die Entwicklung aber anders aussehen". Zehntausende von Anlegern warten darauf, dass die Wartefrist von 10 Jahren vorbei ist. Hier wird das eherne Gesetz von Angebot und Nachfrage gelten. Auf einem eng begrenzten Markt wie Leipzig oder Chemnitz wird es zu schweren Preiseinbrüchen kommen, wenn 10.000 oder mehr Wohnungen auf einmal verkauft werden sollen.

Was meinen die finanzierenden Banken?


Dort erkennt man offiziell keinen Handlungsbedarf. Im vertraulichen Gespräch allerdings wurde die Befürchtung geäußert, dass ein erheblicher Abschreibungsbedarf bestehen würde, wenn auf breiter Front erkennbar wäre, dass die Grundschulden weitgehend wertlos seien. Oder die Banken machen von ihrem Recht zur Nachbesicherung Gebrauch. Der Anleger müsste dann weitere Sicherheiten stellen. Kann er das?